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Verdichtet das Unzumutbare: Die New Wave Of British Heavy Metal
Die Sounds schwirren schon seit den Tagen von Black Sabbath durch die Weltgegenden. Doch der schwere Ton, der wie Blei auf die menschlichen Rezeptoren hämmert, er wird mit der New Wave Of British Heavy Metal erst so richtig ausgeweidet. Bei Iron Maiden erhält die Musik ihr teuflisch-debiles Maskottchen; Lemmy von Motörhead braucht sich gar nicht erst zu verkleiden.
"Heavy Metal" ist erst einmal ziemlich vieles. Langsam, über verschiedene Wege, wie ein an mehreren Stellen gleichzeitig ausgesetztes Virus findet, was heute längst etabliertes Logo ist, das Wort in die Sprachgebräuche. Eine gerne erzählte Geschichte ist beispielsweise jene: Steppenwolf lesen Mitte der 60er Jahre den Beat-Poeten William S. Burroughs. Und in dessen Kurzgeschichte "Nova Express" aus dem Jahr 1964 treffen sie auf die Figur des "Heavy Metal Kid". Wenig später kreiert die Band des Sängers Fritz Kauledat ihren ganz großen Hit. In Born To Be Wild greift Kauledat zu einer Metapher für die maximale Individualgeschwindigkeit auf dem Motorrad: Heavy Metal Thunder.
Zumindest belegte der 1981 veröffentlichte Comic-Film "Heavy Metal" mit seinem einschlägigen Soundtrack, dass in der Zwischenzeit etwas passiert sein musste. In der Tat ereigneten sich im Verlauf der 70er Jahre etliche bandgewordene Provokationen. Der eine Strang dieser hieß Punk Rock, der andere Heavy Metal - konkret: The New Wave Of British Heavy Metal. Im Laufe dieser Jahre verdichtete der Hardrock in Großbritannien nochmals sein Zeichenarsenal des Unzumutbaren. Es durchzog alle Ebenen, auf denen Musik und ihre Aufführung arbeitet.
Im Gefolge dieser Bands entsteht schon bald eine neue Jugendkultur, die zwar noch mit dem Punk verwandt ist, aber sich mehr und mehr von ihm absetzt. Wo Punk die Aggression betont, so ist das Hauptmotiv der "Grufties" die Melancholie. Die Beschäftigung mit dem Tod gehört zu dieser Kultur, die mit schwarz denn auch die Farbe der Trauer als Schatten der Erkennung wählt.
Mit Black Sabbath und ihrem Gitarristen Tony Iommi wurde alles noch einmal lauter, die Akkorde stoischer und stumpfer. Sänger Ozzy Osbourne verdingte sich mit Gelegenheitsjobs wie Kohle tragen und Vieh schlachten, bevor er sich davon ernähren konnte, von schwarzen Monden und Höllentoren zu shouten. Den entscheidenden Schritt, den Schwermetall Schritt sozusagen, geht die Band aus Birmingham, als sie sich 1969 von Earth in Black Sabbath umbenennt. Denn mit dem Namen lassen sie ein ganzes Programm auf die Menschheit herab rasen, das stilbildend sein wird: eine gut unterhaltende Horror-Show, von der Songtitel wie War Pig und Iron Man zeugen.
Wegen ihrer Musik werden Black Sabbath in die mythische Zeit des Hardrock eingeordnet. Dennoch war es das Radikalisieren von Härte ebenso wie das komplette so gut sitzende Showprogramm des Bösen, das nun Bands wie Judas Priest und Iron Maiden aufnahmen. "Heavy Metal" nahm Gestalt an und wurde mehr und mehr zum Programm.
Und die Gestalt wurde sichtbar in Eddie. Das Maskottchen von Iron Maiden (siehe großes Bild), eine Fantasy-Fratze, taucht auf allen Plattencovern der Band auf. Ein derart anheimelnder Umgang mit einem Monster kann nicht so ganz ernst gemeint sein - dennoch blieb der Band in den USA der Mainstream-Erfolg verwehrt. Dort hielt man sie für Satanisten - auch wegen Songs wie Number Of The Beast. Dabei wollten Iron Maiden doch bloß unterhalten, ein gewisser Schreckfaktor sollte halt dabei sein. Bei Lemmy von Motörhead reichten dafür sogar die Warzen im Gesicht und der hysterische Sog seines Schreis. Zunächst waren es die Kinder der Arbeiterschichten, die sich so entertainen ließ. Doch schon in den frühen 80ern war Metal chartstauglich.
Die Zukunft kündigte sich an : 1981 gründeten sich Metallica, zwei Jahre später Megadeth, und zwar beide in L.A. Aus dieser Region der Bay Area an der US-Westküste wurde bald eine neue Metal-Orthodoxie um die Welt geschickt: Thrash. Beide Bands aber waren große Fans einer manchmal vernachlässigten Gruppe der New Wave Of British Heavy Metal. So haben Metallica schon einige Songs von Diamond Head gecovert, zu denen The Prince und Am I Evil? gehören. Und mit dem gesteigerten Okkultismus von Venom klopft dann auch schon Gevatterchen Black Metal an die Tür.